Kurzer Überblick zum Fall (Rückblick)
Die gefährdeten Personen waren Alexandre Anderson de Souza, Fischer und Präsident der Fischereigewerkschaft Associação Homens e Mulheres do Mar (AHOMAR) sowie andere Mitglieder der Fischereigewerkschaft AHOMAR. Die Mobilisierung der Fischer*innen, die sich für den Erhalt der Meeresbucht und des Handwerks der Fischerei einsetzen, hat zu anhaltenden Drohungen gegen Führungspersonen und Mitglieder der Gewerkschaft AHOMAR geführt. Dazu kam es, nachdem die Fischer*innen sich gegen den Bau einer großen petrochemischen Raffinerie wehrten und auf die sozialen und ökologischen Folgen aufmerksam machten. Zwischen 2009 und 2016 wurden vier Fischer, aktive Mitglieder der AHOMAR, ermordet, zwei weitere sind verschwunden. Keiner der Fälle wurde bis jetzt aufgeklärt und es gab keine Verurteilungen.
Abschlusserklärung des Einzelfalls: Alexandre Anderson de Souza (Offizieller Abschluss: 22. März 2018)
Da Alexandre Anderson de Souza dank des Einsatzes der vergangenen Jahre keiner akuten Gefahr mehr ausgesetzt ist, haben er und Mitarbeiter*innen des Amnesty International Büros Brasilien im Januar 2018 beschlossen, die Kampagne zu seinem Fall zu beenden. Die Untersuchungen und juristischen Prozesse zu Morden an weiteren Fischer*innen der Gewerkschaft Assossiação Homens e Mulheres do Mar (AHOMAR), wörtlich übersetzt „Vereinigung der Männer und Frauen des Meeres“, dauern an.
Auswirkung der Kampagne
Amnesty Brasilien hat sein Hauptziel, den Schutz von Alexandre Anderson und seiner Familie, erreicht. Sie mussten dafür umziehen und wurden in das nationale Schutzprogramm für Menschenrechte aufgenommen. Die regelmäßigen Treffen zwischen Amnesty Brasilien und den Behörden waren im Fall Alexandres von besonderer Bedeutung. Anderson und seine Frau haben Verantwortlichen von Amnesty Brasilien in verschiedenen bilateralen Treffen erzählt, wie sehr sie Amnestys Aktionen zu schätzen wissen und sich – besonders durch die vielen Briefe – bestärkt fühlten. Aufgrund der Amnesty-Kampagne ist den AHOMAR-Anführer*innen das Recht auf Vereinigungsfreiheit garantiert worden. Die juristischen Prozesse gegen jene Täter*innen, die Fischer*innen bedroht, angegriffen und teilweise getötet haben, wurden zwar eröffnet, die Verbrechen jedoch noch nicht aufgeklärt.
Derzeitige Situation und nächste Schritte
Die Situation in der Guanabara-Bucht in Rio de Janeiro hat sich signifikant verbessert. Die Spannungen zwischen traditionellen Fischereigewerkschaften und Unternehmen/Patrouillen der Marine haben abgenommen. Das Gebiet – vor neun Jahren eine Hochburg brutaler Konflikte – kann bezüglich des Umwelt-Konflikts nun als „stabil“ bezeichnet werden. Die Bauarbeiten eines Komplexes, in dem ein Programm zur schnelleren Gewinnung petrochemischer Produkte stattfinden sollte, wurden gestoppt; das Projekt sieht sich zudem Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. AHOMAR kooperiert mit der nationalen Generalstaatsanwaltschaft bezüglich der ökologischen Untersuchungen besonders betroffener Gebiete und hat neue Zweigstellen in anderen Staaten eröffnet. Alexandre und seine Familie leben derzeit in einem Haus, das von dem Nationalen Programm zur Verteidigung der Menschenrechte (PPDDH) finanziert wird. Diese Situation ist durch eine gerichtliche Anordnung im August 2016 garantiert worden. Jedoch haben Kürzungen des Etats in 2016 zu einer Verringerung der finanziellen Unterstützung geführt. Alexandres früheres Haus ist komplett zerstört. Bis heute sind kein Angriff, keine Bedrohung gegen ihn anständig untersucht oder vor Gericht gebracht worden. Gleiches gilt für die Fälle anderer AHOMAR-Mitglieder: Seit 2009 wurden vier Menschen getötet, zwei Fischer sind verschwunden. Amnesty Brasilien wird all diese Fälle weiter auf nationalem Level verfolgen.